“Räuberleiter”, CZOLK , 2024, Schanzenstraße 13, 68159 Mannheim; Foto: Alexander Krziwanie/ STADT.WAND.KUNST
In rostigem Rot und komplementärem Grün zeigt sich das neue Mural „Räuberleiter“ von CZOLK – am selben Ort im Mannheimer Stadtteil Jungbusch, an dem der Künstler bereits 2019 aktiv war. Wie schon bei seinem ersten Werk „Fenster zum Hof“ greift er die Farben und die Vielfalt des Stadtteils auf.
Genau fünf Jahre sind vergangen, seit der freischaffende Künstler Yannik Czolk sein erstes großformatiges Mural für STADT.WAND.KUNST gestaltet hat. Mit „Fenster zum Hof“ erschuf er auf der Hausfassade eines alten Gemeindehauses direkt neben der Liebfrauenkirche ein einzigartiges Wandgemälde im Herzen des Jungbuschs – das bis heute zu den beliebtesten Motiven des Open Urban Art Museums gehört. Im Herbst 2020 wurde das Gebäude jedoch im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen abgerissen. Die zeitliche Begrenztheit des Murals war dem Künstler von Anfang an bewusst und verdeutlicht einmal mehr, dass Vergänglichkeit zur urbanen Kunst gehört.
“Fenster zum Hof”, CZOLK, 2019, Die Fassade wurde 2020 planmäßig abgerissen
Im September 2024 ist CZOLK an den Ort seines Schaffens zurückgekehrt – mit nostalgischer Vorfreude, aber auch einem neuen Motiv im Gepäck. Das „Fenster zum Hof“ hat für den Künstler eine besondere Bedeutung. „Es war mein Startschuss für großformatige Murals im öffentlichen Raum. Deshalb ist es für mich sehr besonders, hier erneut arbeiten zu dürfen – es schließt sich einen Kreis“, so CZOLK. Das neue Mural sollte aber kein Remake vom „Fenster zum Hof“ werden, sondern die künstlerische Wandlungsfähigkeit des Künstlers zeigen. „Mein Stil ist fluide, ich lege mich nicht auf eine Richtung fest. Verschiedene Wände brauchen unterschiedliche Bilder.“, erklärt er.. Anders als bei „Fenster zum Hof“ gibt es im neuen Werk keine comicartigen Outlines oder Schraffuren im Stil einer Graphic Novel. Stattdessen beeindruckt „Räuberleiter“ durch sanfte Farbverläufe und ein beeindruckendes Spiel aus Licht und Schatten.
Was beide Werke von CZOLK verbindet, ist sein sensibles Gespür für die Umgebung. Der Jungbusch ist für den Künstler, der selbst viele Jahre in Mannheim gelebt hat, ein Stadtteil im Wandel. Ein Ort, an dem Menschen verschiedenster Hintergründe aufeinandertreffen. „Für mich ist es selbstverständlich, dass das Motiv und die Farben zum Viertel und seinen Bewohner:inne passen“, betont CZOLK.
Auch wenn das neue Mural auf den ersten Blick deutlich anders wirkt als „Fenster zum Hof“, lassen sich Parallelen finden. Die Hauptfigur, die über die Mauer blickt, steht – ähnlich wie die Frau in „Fenster zum Hof“ – mit dem Rücken zum Betrachtenden. Diese bewusste Reminiszenz spiegelt sich auch in der hellen Umrandung des Murals wider, die an das Fenstermotiv des Vorgängerwerks erinnert. Bereits bei der Planung des Neubaus hatte der Architekt die Einbindung eines neuen Murals vorgesehen und dafür eine Art eingelassenes Fenster in die Fassade integriert.
„Räuberleiter“ ist eine Momentaufnahme, sie zeigt den Augenblick, in dem die Hauptfigur über eine hohe Mauer schaut und das Dahinterliegende erblickt. Dieser Moment ist ihr aber nur möglich, weil sie Hilfe von einer anderen Person bekommt. „Die Mauer symbolisiert etwas, das alleine unüberwindbar ist. Sogar für die großen Figuren im Bild wäre sie ohne Hilfe zu hoch“, erklärt CZOLK. Die Räuberleiter passe für ihn metaphorisch sowohl zum Jungbusch als vielfältiges Viertel, als auch zur Bedeutung des Elisabeth-Lutz-Hauses als Rehabilitationszentrum für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Sie symbolisiert Unterstützung, Menschlichkeit, Gemeinschaft und Uneigennützigkeit. Die Bäume und die helle Sonne, die hinter der Mauer hervorscheinen, verkörpern Hoffnung – eine Hoffnung, die vor allem durch gegenseitige Hilfe entsteht.