Das fertige Mural “Silence” des Mannheimer Künstlerduos SOURATI
„Diese Stille kommt so nie wieder“ sagten SOURATI dem Mannheimer Morgen, als dieser an Tag 2 des Entstehungsprozesses ein Interview mit den beiden Künstlern führte. „Silence“ nennen Christina Laube und Mehrdad Zaeri alias SOURATI ihr Motiv. Es zeigt eine Frau, eine Erscheinung in schlichtem Kleid, die seitlich geneigt — entlang der Dachkante — da steht und uns anschaut. Ihren Arm streckt sie lang. In ihrer Hand hält sie an einer dünnen Schnur eine kleine Glocke. Nicht mehr und nicht weniger. Die sehr enge und sehr unruhige Umgebung zwischen Kunststraße und Fußgängerzone, die vielen Ecken und Farben veranlassten SOURATI dieses Mal zu einem Entwurf, den sie sehr ruhig gestalten wollten, der sehr reduziert sein musste. Die Idee und der Titel stammen von Christina Laube, inspiriert vom Bild einer Tänzerin der britischen Künstlerin Cathy Cullis. Da steht eine Frau, aber was hält sie in der Hand? Und was will sie uns sagen? Da kam ihr die Glocke, sie hält eine Glocke in der Hand. Die Figur steht für Ruhe. Dieses Bild ist so schlicht wie tief berührend.
Das Video zur Entstehung des Kunstwerkes “Silence”
Der Entstehungsprozeß in Bildern
Extrem einfach und reduziert zu bleiben, dass gefiel dem Mannheimer Künstlerduo nicht nur bei dieser Arbeit wahnsinnig gut, dessen Thema diese Herangehensweise geradezu verlangt. Die Tendenz und der Wunsch zur Reduktion beschreiben grundsätzlich nicht nur ihre Arbeitsweise, sondern auch ihr innerstes Seelenleben. Sie wagten damit auch bewusst den Versuch, ob eine derartige Reduktion an einer so großen Wand funktionieren kann: “Wir haben alles gegeben, um zu minimieren.” Ob sie zufrieden sind? Und ob: „Wir sind völlig begeistert, wir sind sehr verliebt in dieses Bild und wir sind beide der Meinung, dass es das beste Bild ist, was wir je gemacht haben. Es ist unser Lieblingsbild. Und es passt wahnsinnig gut zu dieser Ecke.”
Das Bild bzw. der Entwurf dafür entstand in der Zeit der Stille. Als SOURATI dann aber wenige Wochen später den Arbeitskran bestiegen, hatten sie nicht einmal mehr eine Ahnung von dieser Stille. Umso mehr tat ihnen ihr Motiv in diesen Stunden und der luftigen Höhe gut. Dieser Ort erinnert uns Betrachter*Innen von nun an an die Stille, die wir einmal hatten, die nun aber wieder vergangen ist. Dieses Bild macht uns aufmerksam auf das Wenige, auf die Ruhe, das Innehalten — was uns in der Corona-Phase ja auch irgendwie aufgezwungen wurde. Die Stile war auf der einen Seite irritierend, auf der anderen Seite ungeheuer wohltuend. „Silence“ ist das erste Kunstwerk im öffentlichen Raum Mannheims, das nur mit einer einzigen Farbe gemalt wurde, es ist komplett in Schwarz gehalten. Dabei haben die beiden sehr viel mit den Fingern gearbeitet, haben die Farbe zu großen Teilen mit den Händen auf die Wand aufgetragen und es genossen, nicht nur mit Sprühdose und Farbrolle zu hantieren. Auf die vorherige Grundierung der Wand haben SOURATI bewusst verzichtet, um den Effekt eines Stempels oder (Tinten-)Drucks auf brauner Pappe zu erzielen.
Damit stellen SOURATI auch die Verbindung dazu her, was in diesem Haus in O4, 2 verkauft wird. Es ist ein Buchladen. Die Familie Heeg, die „Bücher Bender” führt, lebt teilweise auch hier. Schon vor vielen Jahr bei der ersten Begegnung mit Mehrdad Zaeri entstand der Wunsch eines Bildes an ihrer Hauswand. Jetzt erst, durch den coronabedingten Shutdown, konnte dieser Wunsch realisiert werden, weil dadurch das Leben in dieser sonst so rastlosen Gegend zur Ruhe gekommen ist und die Hebebühne günstig positioniert werden konnte: Es standen dort keine Tische und Stühle des Straßencafés, keine shoppenden Leute eilten durch die Straße, keine Lieferwägen blockierten den Weg. Ein Vorteil von Corona für SOURATI und STADT.WAND.KUNST. Und für uns alle die Möglichkeit, in uns zu gehen und zu schauen, was wir wirklich wollen und welches Tempo wir für den Rest unseres Lebens fahren wollen. „Silence“ — ein Geschenk!
Das Mural “Silence” von SOURATI in O4,2, 68161 Mannheim
Fotos: Alexander Krziwanie / STADT.WAND.KUNST