“Flower Shop”, GIZEM ERDEM, 2022, F7, 39-41, 68159 Mannheim; Alexander Krziwanie / Stadt.Wand.Kunst
Das Mural “Flower Shop” von GIZEM ERDEM in Mannheim
„Flower Shop“ heißt das Mural der Künstlerin GIZEM ERDEM und ziert in kräftigem Orange, Blau, Grün und Lila die Fassade von F7 in den Mannheimer Quadraten. Und nicht nur dieses beeindruckende Wandgemälde bringt Farbe in die Stadt, sondern auch der von der Künstlerin gestaltete Transporter der Carsharing-Firma stadtmobil. Dieser steht – wie könnte es passender sein – an der Abholstation direkt im Hof links neben dem neuen Mural.
Es ist ihr bisher größtes Mural, erzählt uns Gizem Erdem, die sonst hauptsächlich als Illustratorin an Tablet und PC tätig ist. „Es ist super, mal draußen zu sein, mit Händen, Pinseln und Farben zu arbeiten – und nicht nur mit digitalen Mitteln.“ Dabei waren auch das schlechte Wetter und das Wackeln der Hebebühne in zwölf Metern Höhe schnell vergessen. Die großformatige Fassade sei für sie eine „Challenge“ gewesen, die sie mithilfe eines sogenannten „Doodle Grid“ bewältigt hat. Das ist eine Technik, bei der die Wand erst mit kleinen, wahllosen Formen bemalt und anschließend fotografiert wird. Dieses Foto wird anschließend auf den digitalen Entwurf gelegt, sodass Referenzpunkte für das Erstellen des Murals an der Wand entstehen. Unterstützt wurde Gizem in den ersten Tagen zudem vom Mannheimer Künstler Jens Richter, der ihr mit Erfahrung, Rat und Tat zur Seite stand.
Nachdem Gizem Erdem früher häufig detaillierte Porträts gezeichnet hat, widmet sie sich seit Längerem vermehrt ganzheitlichen Figuren ohne erkennbare Gesichtszüge. Dabei setzt sie ihre Charaktere oft in Alltags- oder Arbeitssituationen. So zeigt auch „Flower Shop“ eine Frau mit Schürze, die vor dem Schaufenster ihres Blumengeschäfts steht. Eingerahmt von Pflanzen hält sie einen dampfenden Becher in der Hand. Das Mural fange den Moment einer wohlverdienten Pause, des Innehaltens und Durchatmens ein. „Pausen sind wichtig, das wissen wir alle, trotzdem kommen sie oft zu kurz – vor allem bei Selbstständigen.“ Gizem lacht, denn das betreffe natürlich auch sie selbst.
Bewusst stellt Gizem Erdem in ihren Werken Frauen in den Mittelpunkt. Da Frauen in der Kunstgeschichte unterrepräsentiert seien und häufig „nur als Muse oder Model im Hintergrund“ dargestellt würden, möchte Gizem ihnen als selbstbestimmte Protagonistinnen einen Raum geben – und sie aus der Perspektive einer Frau studieren und zeichnen. Dabei stellt Gizem die Frauen entweder einzeln oder in einer Gruppe dar. „Meine Arbeit hat zwei Richtungen, die von meinem Aufwachsen in der Türkei und meinem jetzigen Leben in Deutschland inspiriert sind.“ Ihre Kindheit und Jugend mit fünf Schwestern habe das Erleben und die Wertschätzung des Kollektivs geprägt, ihr Leben in Deutschland hingegen das Empfinden von Individualismus und Unabhängigkeit. „Beide Perspektiven fließen in meine Kunst ein”, erklärt die in Köln lebende Künstlerin.
Gizems Auswahl an Komplementärfarben unterstreicht die alltäglich anmutende Szene, die gleichzeitig Kraft und Ruhe ausstrahlt. Es sei eine intuitive Farbpalette, die sie für ihr Mannheimer Mural gewählt hat. „Sie sollte so bunt wie möglich sein, aber trotzdem harmonisch und gemütlich.“