INTERVIEW MIT YAZAN HALWANI

Der libanesische Künstler Yazan Halwani über sein letztes Werk in Mannheim sowie sein Schaffen als Künstler im Allgemeinen. Yazan Halwani gestaltete im Juli eine Häusserfassade der Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG in F6,12 – im Rahmen des Stadt.Wand.Kunst Projektes 2017. INTERVIEW MIT YAZAN HALWANI[su_spacer size=”10″]

INTERVIEW MIT YAZAN HALWANI

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Hallo Yazan, du hast gerade dein Mural für STADT.WAND.KUNST 2017 in Mannheim fertiggestellt.
Worum genau geht es bei deiner Arbeit?

Im Mittelpunkt des Murals steht ein Mann, der seinen Koffer packt und dabei offensichtlich nicht für alles, was er mitnehmen möchte, einen Platz findet. Dieser Moment stellt den Mann vor die schwierige Entscheidung, abzuwägen, was er mitnimmt und was er zurücklassen muss. Die gezeigten Gegenstände symbolisieren die Beziehungen, Ambitionen und Identitäten, die Menschen zurücklassen müssen, wenn sie ihre Heimat verlassen. Diese Mural steht stellvertretend für alle Menschen, aber für mich ist es ein Teil meiner Serie zur Definition der arabischen Identität, in der immer mehr Jugendliche zum Studieren und Arbeiten ins Ausland gehen. Die meisten Bilder über libanesische Identität sind sehr folkloristisch. Diese Arbeit ist ein Versuch, ein modernes Bild für diese Identität zu definieren.


Wie lautet der Titel des Bildes?

Der Titel lautet „The Inevitability Of Leaving Things Behind”.

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Mit welchen Materialien und Hilfsmitteln hast du das Bild umgesetzt?

Ich benutze eigentlich immer jegliches Material, das verfügbar ist. In diesem Fall Acryl-Wandfarbe, Montana Gold-Sprühdosen sowie Montana Ink und Acrylic Paint. Als Werkzeuge habe ich Pinsel, Rollen und etwas Band mit Kreide für die Geometrie benutzt 🙂


Wie hast du deine Arbeit im Vorfeld vorbereitet?

Die meiste Vorbereitung bestand im Finden des Konzepts und der Person, die ich portraitieren wollte. Darüber mache ich mir vorab immer viele Gedanken. Danach habe ich in meinem Studio das Foto mit dem Modell inszeniert, das ich malen wollte.


Wie reagieren die Passanten auf deine Arbeit? Gab es schon Feedback?

Ich habe sehr positive Reaktionen auf meine Arbeit erhalten. Viele Passanten waren sehr glücklich darüber, dass sich das Bild auf ihrem Arbeitsweg oder in näherer Umgebung ihrer Wohnungen befindet.


Warst du vorher schon einmal in Mannheim? Wie gefällt dir die Stadt?

Mannheims Vielfalt ist faszinierend. Ich habe gehört, dass fast 160 Nationalitäten in der Stadt leben. Die Einflüsse aus Griechenland, der Türkei, Deutschland, Usbekistan und dem Libanon kann man im Stadtbild sehr gut erkennen.


Wie würdest du deine Arbeiten im Allgemeinen und mit eigenen Worten beschreiben?

Ich denke, dass meine Arbeiten immer aus zwei Komponenten bestehen. Einer, die alle meine Arbeiten umfasst und einer, die spezifisch für jede einzelne Arbeit steht. Die übergreifende Komponente steht im Grunde im Zusammenhang mit den Bildern der traditionellen arabischen Kunst. Diese stagniert in ihrer kalligrafischen Umsetzung und Geometrie seit einigen Jahrhunderten weitestgehend. Meine Arbeit ist der Versuch, traditionelle arabische Kunst in eine neue Richtung zu bringen, indem ich die Kalligrafie nutze, um ein neues Erscheinungsbild zu erschaffen. Die spezifische Komponente hat immer ein bestimmtes Ziel. Im Falle meines Bildes in Mannheim geht es, wie in meiner ersten Antwort beschrieben, in erster Linie um Identität.


Du kommst aus Beirut. Wie bist du zum Graffiti bzw. zur Streetart gekommen?

Mit 15 Jahren habe ich mit Graffiti angefangen. Ich habe getaggt und klassische Graffitistyles gemalt. Durch Filme und französischen Rap bin ich auf Graffiti aufmerksam geworden und dann einer dieser heimlichen Graffitiwriter geworden. Meine Herangehensweise veränderte sich mit zunehmendem Alter und dadurch, dass ich zwei Dinge realisierte:

  1. Dass Beirut durch den Bürgerkrieg schon zerstört war und die Regierung nicht in der Lage war die Stadt wieder aufzubauen. Jede Art von Vandalismus ging in der zerstörten Stadt einfach unter.
  2. Das sich selbst die Polizei nicht für illegales Graffiti interessierte. Als sie mich einmal nach einer Erlaubnis fragten und ich keine vorzeigen konnte, blieben die Polizisten völlig entspannt und beglückwünschten mich zu meiner Arbeit. Sie haben sogar ihre M-16 beiseite gelegt und mir geholfen etwas Rosa in den Hintergrund zu füllen.


Wie hat die libanesische Gesellschaft damals auf Graffiti reagiert?

Ich denke, meine anfänglichen Tags und Graffitis blieben ziemlich unbemerkt, aber als ich meinen Stil gefunden hatte, den ich eher als Kunst im öffentlichen Raum bezeichnen würde, waren die Reaktionen phänomenal. Meine Bilder wurden plötzlich sehr viel in den sozialen Medien geteilt und größere Medien wie Huffington Post, The Economist, CNN, The Guardian etc. begannen, über meine Arbeit zu berichten.


Und wie hat sich dein Stil im Vergleich zu früher verändert?

Kurz gesagt: Der Stil wurde viel flüssiger. Meine Bilder bestehen heutzutage aus einer Kombination von Fotorealismus und Kalligrafie. Inzwischen male ich meine Bilder durch die Kalligrafie. Die Schrift ist so etwas wie „Pixel“ für meine Bilder.


Bleibst du nach Fertigstellung deines Bildes noch ein paar Tage in Deutschland?

Das würde ich gerne, aber leider muss ich für das nächste Projekt schon wieder los. Es ist zum Glück schon mein dritter Aufenthalt in Deutschland und hoffentlich nicht mein letzter.

Vielen Dank für das Interview und viel Spaß weiterhin bei der Arbeit!

 

Ferneshbeitrag des SWR im Rahmen der Sendereihe KUNSCHT!

 

Fragen von Ole Zimmermann / Katahrina Tremmel für Stadt.Wand.Kunst
Fotos von Alexander Krziwanie / Stadt.Wand.Kunst

› Zur Fotostrecke von Yazan Halwani
› Video zur Entstehung des Yazan Halwani Murals

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